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"Birmingham City ist ein schlafender Riese!"

Tony Hey im Interview über seine Zeit bei den Blues, merkwürdige Entscheidungen von „TF“, Weihnachtsfeiern in England und die Kriegswirren in Libyen

(Februar 2012)

Antoine Hey
Tony Hey im Shirt der Blues (Foto: George Herringshaw, sporting-heroes.net).

Antoine „Tony“ Hey (Foto) spielte von 1997 bis 1999 für Birmingham City. Der 1970 in West-Berlin geborene Deutsche spielte zuvor unter anderem für Fortuna Düsseldorf und Schalke 04 in der Bundesliga. Nach seiner aktiven Zeit schlug Tony Hey im Jahr 2004 die Trainerlaufbahn ein. Nach Engagements in Wuppertal und Münster übernahm der Inhaber der UEFA-Pro-Licence die Nationalmannschaften von Lesotho, Gambia, Liberia und Kenia. Am 1. Juli 2010 unterschrieb Hey einen Vierjahresvertrag als Technischer Direktor des libyschen Fußballverbandes. Im Gespräch mit „BiG“ stellte sich Tony Hey im Februar 2012 den Fragen von Tom Kleine.

Antoine Hey

Mit 4 Punkten aus 3 Spielen ist Libyen vor einigen Tagen beim Africa Cup knapp nach der Vorrunde ausgeschieden. Ihr Fazit?

Es war unter den Umständen ein großer Erfolg, dabei gewesen zu sein. Für uns war die Qualifikation für die Endrunde während des furchtbaren Bürgerkriegs eine Herkulesaufgabe. Wir sind stolz darauf, diese Qualifikation geschafft zu haben. Das Turnier war nur die Zugabe. Alles in allem sind wir mit dem Auftritt der Mannschaft beim Africa Cup sehr zufrieden.

 

Waren Sie selbst in Bata/Äquatorialguinea vor Ort?

Ich habe kurzfristig absagen müssen, da wir andere sehr wichtige Termine wahrnehmen mussten. Es mangelt im Moment etwas an der Organisation, wir haben zurzeit nicht genügend Mitarbeiter beim libyschen Fußballverband. Somit müssen alle mit anpacken und mitunter Aufgaben übernehmen, die nicht unbedingt in ihren Aufgabenbereich gehören.

 

Im Spiel gegen den Senegal traf Ihre Mannschaft auf Guirane N'Daw von Birmingham City. Ihr Eindruck von dem Spieler?

Nun, er ist sicher talentiert, doch hat er gegen uns nicht gespielt. Es gibt aber sicherlich interessantere Spieler im Kader Senegals.

 

Als Manager des libyschen Fußballverbandes haben Sie in den letzten Wochen und Monaten für viel Aufmerksamkeit in Deutschland gesorgt. Namhafte Medien wollten wissen, warum ein Deutscher in dieser Krisenregion in Sachen Fußball arbeitet. Ist es ruhiger um Ihre Person geworden?

Es ist traurig, dass ich nur aufgrund meiner Tätigkeit für Libyen in die Schlagzeilen gerate. Mir wäre es lieber, man wäre an meiner Arbeit als Fußballtrainer interessiert und nicht nur an Sensationsberichten aus dem Krisengebiet. Viele Anfragen habe ich abgelehnt, vor allem Liveauftritte im TV. Man weiß ja nie, was für Schwachsinns-Fragen einem dort gestellt werden.

Antoine Hey mit Fußballspielern
Antoine Hey in Afrika.

Welchen Stellenwert hat der Fußball in Libyen derzeit und wie sehen sie die Entwicklung des libyschen Fußballs?

Fußball hat eine sehr große Bedeutung in Libyen, wie in Afrika allgemein. Wir sind bemüht, unserer sozialen Verantwortung gerecht zu werden und mitzuhelfen, dass entstandene Gräben in der Gesellschaft überwunden werden können. Da bietet sich der Fußball sehr gut an. Wir werden uns vornehmlich auf die Nachwuchsförderung konzentrieren.

 

Trauen Sie einem ihrer Jungs den Sprung nach Deutschland oder England zu?

Natürlich gibt es Libyen wie in jedem anderen Land auch talentierte Fußballer, die das Zeug dazu haben, in Deutschland oder England zu spielen. Nehmen Sie zum Beispiel nur mal Victor Wanyama von Glasgow Celtic. Der Junge war 18, als er bei mir in der Nationalmannschaft von Kenia debütierte. Jetzt spielt er eine gute Rolle in Schottland. Von daher kann ich nur sagen: Ja, in Afrika warten viele talentierte Spieler darauf, entdeckt zu werden.

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Wie wäre es mit einem weiteren afrikanischen Spieler bei Birmingham City? Könnten Sie diesen Verein ihren Spielern empfehlen?

Auf jeden Fall. Birmingham City ist schon aufgrund seiner Fangemeinde und der Tradition eine absolute Topadresse.

 

Sie haben von 1997 bis 1999 im St. Andrews’s gekickt. Zwei Spielzeiten deuten darauf hin, dass es keine schlechte Zeit war?

Es war eine ganz tolle Erfahrung für mich. Es war seit Kindesbeinen mein Traum, in England als Profi zu spielen. Ich bin dankbar, dass ich das erleben durfte. Leider war es mir aus Verletzungsgründen (Achillessehne) nicht möglich, mein gesamtes Potential abzurufen.

 

Warum sind Sie nicht länger geblieben?

Es gab für mich keine Perspektive mehr, zu mehr Einsatzzeiten zu kommen. Daher habe ich einer Vertragsauflösung zugestimmt.

 

Sie haben unter Trainer Trevor Francis, der BCFC-Spielerlegende, gespielt. Ihr Eindruck von „TF“?

Trevor Francis war ganz bestimmt ein großartiger Spieler. Ich bin ihm dankbar, dass er mich seinerzeit verpflichtet hat. Allerdings ist nicht jeder gute ehemalige Spieler anschließend auch ein guter Trainer oder Manager. Wenn man sich die Trennung von Birmingham und Gary Ablett ansieht, wird man wissen, was ich meine…

 

Wer waren seinerzeit Ihre Mitspieler und an welche erinnern Sie sich gerne zurück?

Steve Bruce, Gary Ablett, Michael Johnson, Andrew Johnson, Martin O‘Connor, Martin Grainger, Ian Bennett. Es gab viele gute Spieler, mit denen ich in Birmingham zusammengespielt habe. Als außergewöhnlich sympathisch sind mir Gary Ablett und Darren Wassall in Erinnerung geblieben.

 

Haben Sie noch Kontakt zu den früheren Mitspielern oder zum Verein Birmingham City FC?

Nein, aber das ist auch nichts Ungewöhnliches im Fußballgeschäft. Man ist kurzzeitig auf dem gleichen Weg. Aber irgendwann trennen sich eben die Wege.

 

Sowohl 1998, als man an einer fragwürdigen Tordifferenz-Regelung die Play Offs verpasste, als auch 1999 (Elfmeterschießen gegen Watford im Play Off-Semifinale) scheiterten die Blues knapp am Aufstieg in die Premier League. Woran lag es?

An Chris Holland, der den entscheidenden Elfmeter verschossen hat (lacht). Im Ernst: Wir hätten uns aufgrund unserer Qualität direkt aufsteigen müssen. Der Umweg über die Play Offs ist reine Glückssache. Wir waren nicht konstant genug. Daran trug Trevor mit seinen mitunter merkwürdigen Personalentscheidungen eine gehörige Portion Mitschuld.

 

Wie groß war Ihre persönliche Freude, als den Blues dann endlich im Jahr 2002 der Aufstieg und vor einem Jahr sogar der Gewinn des League Cups im Finale gegen Arsenal gelang?

Birmingham City ist ein schlafender Riese, der zwar mal kurz gezuckt hat, aber noch nicht richtig erwacht ist. Ich sehe gewaltiges Steigerungspotential bei den Blues und bin mir sicher, dass die richtig erfolgreichen Jahre erst noch kommen.

 

Verfolgen Sie heute noch die Blues und können die Jungs den Aufstieg in die Premier League schaffen?

Ehrlich gesagt nur am Rande. Ich wünsche dem Verein und vor allem seinen Fans den Aufstieg von ganzem Herzen. Birmingham City kann alles schaffen.

 

Was gefiel Ihnen in der Stadt Birmingham am besten. Wo waren Ihre Hot Spots?

Ich habe in Knowle gewohnt und mich daher mehr in Solihull aufgehalten. Hot Spots in Birmingham kenne ich nicht. Ich habe mich jedenfalls in England superwohl gefühlt. Das war eine richtig schöne Zeit.

 

Hatten Sie nie Probleme mit dem Linksverkehr, englischen Frühstück und Bier ohne Schaum?

Nein, alles nicht. Ich bin von allen und jedem sehr herzlich aufgenommen worden und habe die Zeit in England sehr genossen. Ich wäre gerne länger geblieben.

 

Wie Weihnachtsfeiern englischer Clubs gelten als legendär. Gibt es irgendetwas, das Sie uns zu sagen haben? ;-)

Ein Gentleman schweigt und genießt. Es gibt Dinge, die sind nicht für die Öffentlichkeit gedacht...

Antoine Hey im Trikot von Fortuna Düsseldorf
Antoine Hey im Trikot von Fortuna Düsseldorf.

Sie als Spieler und ich als Fan beider Clubs wissen es genau: Sowohl Fortuna Düsseldorf als auch Birmingham City galten viele Jahre als Synonym für Pleiten, Pech und Pannen. Und hatten und haben dennoch eine riesige Anhängerschaft. Worin liegt der Kult in beiden Vereinen?

Ich denke, Kult entsteht aus dem gemeinsamen Erleben von Erfolg und Misserfolg, von Emotionen. Bayern München wird nie Kult sein, der FC St. Pauli schon. Vereine, die schon mal den Abgrund gesehen haben und trotzdem wieder aufgestanden sind, haben für mich mehr Charakter und Charme als kalte, gewinnorientierte Großunternehmen. Als Fan muss man sich entscheiden: Will ich mit meinem Verein mit großer Wahrscheinlichkeit Meister werden oder liebe ich es, der Außenseiter zu sein, der den Großen ein Bein stellt? Zu wem hält der Zuschauer beim Boxen? Zu dem Riesen, der alle umhaut oder zum Underdog, der die Chance seines Lebens hat? Warum halten so viele Fans in den Pokalwettbewerben zu den kleinen Clubs? Die Ungewissheit macht doch erst den Reiz im Sport aus.

 

Herr Hey, vielen Dank für dieses Interview.

Sehr gerne. Bitte grüßen Sie die Fans von Birmingham City!

 

Zur Homepage von Antoine Hey geht es HIER.

Die Karriere von Antoine Hey

Vereine als Aktiver
Jahre Verein Spiele (Tore)1
bis 1989
1989–1992
1992–1993
1993–1994
1994–1997
1997–1999
1999–2000
2000–2001
2001–2003
2003
2003–2004
Grasshoppers Zürich
Fortuna Düsseldorf
FC Schalke 04
Tennis Borussia Berlin
SC Fortuna Köln
Birmingham City
Fortuna Düsseldorf
VfL Osnabrück
Anorthosis Famagusta
Bristol City
VfR Neumünster

49 (5)
19 (0)
27 (7)
94 (16)
  9 (0)
34 (3)
33 (0)
20 (6)
? (?)
22 (1)

1 Angegeben sind nur Liga-Spiele.

Stationen als Trainer
2001–2002
2003–2004
2004–2006
2006–2007
2007
2008–2009
2009
Wuppertaler SV
VfR Neumünster
Lesotho
Gambia
US Monastir
Liberia
Kenia

Am 1. Juli 2010 unterschrieb Hey einen Vierjahresvertrag als Technischer Direktor der Libyan Football Federation.

 

(Quelle für diese Statistik: http://de.wikipedia.org/wiki/Antoine_Hey)

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